Wer denkt schon bei Sylt an eine „Insel der Toten“, wer bei Helgoland an einen Göttersitz oder beim Anblick nordfriesischer Inselkirchen an „Heilige Linien“ Michael Engler spürt die oft rätselhaften Kulte vorchristlicher Zeit auf und lädt zu einer Entdeckungsreise durch die Inselwelt zwischen Helgoland und Sylt ein von den steinzeitlichen Monumenten eines längst verschollenen Glaubens bis zu mittelalterlichen Sakralbauten über uralten Tempelorten. Da wird von großräumig in Landschaften angelegten Kalendarien berichtet, von geheimnisvollen Ringwällen und von jahrtausendealten exakten Berechnungen für astronomische Beobachtungen oder von ganzen Dörfern für die Götter. Das heute noch praktizierte — und als touristische Attraktion genutzte — Biekebrennen macht deutlich, dass manch ein „heidnischer“ Brauch die Jahrhunderte überlebt hat, auch wenn der ursprüngliche Sinn längst verloren ging. Ein spezielles Licht- und Aufnahmeverfahren hebt die Kultstätten aus ihrem natürlichen Umfeld hervor und verwandelt auf den ersten Blick kaum wahrnehmbare Spuren in wieder vorstellbare Räume. Legenden und Chroniken — mit nordfriesischen Landschaftsbildern in Szenen gesetzt — versetzen den Zuschauer in jene Zeit, bevor die Friesen Christen wurden.
Das Lied der freien Friesen
Der germanische Stamm der Friesen war von Drusus während seiner Germanienzüge unterworfen worden und mußten wegen ihrer Armut aber nur niedrigen Tribut in Form von Rinderfellen zahlen. Im Jahre 28 nach Christus erschien der römische Tribun Olennius im Gebiet der an der Nordseeküste zwischen Zuidersee und Weser siedelnden Friesen, um mit den Stammesfürsten zu verhandeln. Friesland stand zum römischen Imperium in einem beiderseitigen Vertragsverhältnis. Für militärischen Schutz römischer Legionen zahlten die Friesen mit Kriegsdiensten und einem jährlichen Tribut. Der Tribut bestand aus einer bestimmten Menge Ochsenhäuten. Olennius, ein alter Soldat, aber kein Verwaltungsfachmann, befahl, daß die zu liefernden Häute in Zukunft der Größe von Auerochsen entsprechen müßten. Das war eine mehr als harte Forderung. Die wilden Auerochsen waren wesentlich größer als die auf den Weiden grasenden Ochsen, die einem kleinen, ziemlich unansehnlichen Schlag entstammten. Nach und nach mußten die Friesen ihren gesamten Viehbestand opfern, denn es war unmöglich, so viele Auerochsen zu erlegen.
Das Kastell Flevum lag an der Nordsee, dem damaligen Germanischen Meer ,weit jenseits der offiziellen römischen Reichsgrenze am Rhein. Es zeigt aber auch auf, wie groß der römische Machtbereich in das rechtsrheinische Germanien war
Eine Delegation, die ihm vorhielt, daß die Friesen einmal die römische Flotte vor dem Untergang gerettet, sich auch nicht am Aufstand unter Arminius beteiligt und überhaupt ihre Freundschaft zu Rom oft bewiesen hätten, entließ er mit barschen Worten und Drohungen.